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Wenn der EuGH den deutsch-französischen Unterschied in Sachen unlauterer Wettbewerb beleuchtet

  • Autorenbild: Marie-Avril Roux Steinkühler
    Marie-Avril Roux Steinkühler
  • 15. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit
Blaues Schloss mit EU-Sternkreis auf Binärcode-Hintergrund, symbolisiert Datenschutz. Digitale Sicherheit, blaue und weiße Farben.

⚖️ EuGH, 4. Oktober 2024 (C-21/23, ND gegen DR) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Wettbewerber im Bereich unlauterer Geschäftspraktiken vorgehen kann, um eine Verletzung der DSGVO ahnden zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall wurde ein deutscher Apotheker, der über Amazon online verkaufte, von einem Kollegen angegriffen, der eine nicht konforme Erhebung sensibler Daten geltend machte. Der EuGH bestätigt, dass die DSGVO keineswegs ausschließt, dass ein Wettbewerber über die bereits in den Artikeln 77 bis 79 der DSGVO vorgesehenen Rechtsbehelfe hinaus ein Zivilgericht anruft, um eine solche Praxis anzuzeigen.

 

👉 Diese Entscheidung zeigt einen bemerkenswerten Unterschied zwischen deutschem und französischem Recht.

 

🇩🇪 In Deutschland: § 8 Abs. 1 UWG räumt jedem Wettbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) das Recht ein, die Unterlassung einer unlauteren Geschäftspraxis zu verlangen, sobald diese gegen die Bestimmungen der §§ 3, 3a, 4 bis 7 UWG verstößt.

➡️ Es muss kein konkreter Schaden nachgewiesen werden: Das bloße Vorliegen einer unlauteren Praxis reicht aus (z. B. irreführende Werbung oder Nichteinhaltung gesetzlicher Bestimmungen zur Regulierung des Marktes).

➡️ Das Ziel ist hier präventiv: Es geht darum, die Integrität und Fairness des Marktes als Ganzes zu schützen, nicht nur einzelne Interessen.

Mit anderen Worten: Die im UWG vorgesehene Unterlassungsklage liegt auf halbem Weg zwischen Wettbewerbsrecht und Verbraucherschutz. Sie zielt darauf ab, einen „funktionierenden” Markt aufrechtzuerhalten, unabhängig von den Schäden, die diesem oder jenem Akteur entstanden sind.

🇫🇷 In Frankreich ist die Logik eine andere. Das französische Recht basiert nämlich auf zwei unterschiedlichen Regelungen, je nach Eigenschaft des Opfers:

  • Gegenüber Verbrauchern

Die Artikel L.121-1 ff. des Verbrauchergesetzbuches verbieten unlautere Geschäftspraktiken, die in folgende Kategorien unterteilt sind:

· Irreführende Praktiken (Lügen, Auslassungen, falsche oder mehrdeutige Darstellungen);

· Aggressive Praktiken (Belästigung, Nötigung, ungerechtfertigte Beeinflussung).

➡️ Die Regelung ist objektiv und schützend: Es reicht aus, dass die Praxis das Verhalten des Durchschnittsverbrauchers beeinflussen kann, ohne dass ein Schaden nachgewiesen werden muss. ➡️ Die Sanktionen können zivil-, verwaltungs- oder strafrechtlicher Natur sein und unterliegen der Kontrolle der DGCCRF.

  • Zwischen Gewerbetreibenden

Der Rahmen ist ein ganz anderer. Unlauterer Wettbewerb fällt unter das allgemeine Zivilhaftungsrecht (Art. 1240 C. civ.). Er setzt den Nachweis eines Verschuldens, eines Schadens und eines Kausalzusammenhangs voraus.

➡️ Ein Wettbewerber kann daher nur handeln, wenn er ein persönliches Interesse an der Klage, d. h. einen konkreten Schaden, nachweisen kann. ➡️ Im Gegensatz zum deutschen Recht kann er nicht die Einstellung einer Praxis verlangen, nur weil diese illegal ist.

🔎 Zwei gegensätzliche Sichtweisen:

  • Das deutsche Recht bevorzugt Effizienz und fairen Wettbewerb, auch wenn dies eine Vielzahl von Klagen nach sich zieht.

  • Das französische Recht hält weiterhin an einem klassischen Haftungskonzept fest, das sich auf den Ersatz eines individuellen Schadens konzentriert.

 

💡 Diese Divergenz ist nicht unerheblich. Sie wirft eine praktische Frage auf: Inwieweit können französische Wettbewerber in Zukunft vor Zivilgerichten eine Verletzung der DSGVO oder anderer Vorschriften wie der Verordnung über künstliche Intelligenz geltend machen? Die Antwort des EuGH ebnet den Weg, aber die Umsetzung in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen wird zu unterschiedlichen Antworten führen. Schade.

Verweis auf das Urteil: EuGH, 4. Oktober 2024 (C-21/23, ND gegen DR) (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/FR/ALL/?uri=CELEX:62023CJ0021)

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