Die neueste Wendung in der Saga um Valérie Trierweiler, die ehemalige First Lady von Frankreich und ihr Liebhaber Patrick Devedjian: laut Französischem Obersten Gerichtshof („Cour de Cassation“) ist Ehebruch nicht mehr ein Verstoß gegen die Moral[1]. Letzteres wies die Beschwerde eingereicht durch Patrick Devedjian gegen die beiden Geschäftsführer der Groupe Express-Roularta, Herausgeber der Zeitschrift Point de Vue wegen Verleumdung in dem Interview mit den beiden Autoren von „La Frondeuse“ („Die Aufsässige“).
Der Kläger hatte argumentiert, dass die Offenbarung seiner möglichen Beziehung mit der ehemaligen First Lady, während beide liiert waren, einen Angriff auf ihre Ehre oder ihren Ruf bedeutete, wie es in Artikel 29 des Gesetzes vom 29. Juli 1981 über die Pressefreiheit[2] und Artikel 8 der Europäischen Konvention für Menschenrechte vorgeschrieben ist[3].
Jedoch „die Entwicklung der Sitten und Moralvorstellungen erlaubt es uns nicht mehr, zu berücksichtigen, dass die Zurechnung der ehelichen Untreue an sich, die Ehre oder den Ruf Schaden zufügen würde“[4].
Erinnern wir uns, dass um zu entscheiden, ob ein beleidigender Angriff als Verleumdung beurteilt werden kann, müssen vier Kriterien erfüllt werden:
eine Behauptung oder Beschuldigung;
eine bestimmte Tatsache;
ein Angriff auf die Ehre oder den Ruf;
eine identifizierte Person oder Körperschaft.
Im vorliegenden Fall musste entschieden werden, ob eine Beeinträchtigung der Ehre oder des Rufes vorliegt. Das heißt, ob oder nicht, „Handlungen die einen Straftatbestand erfüllen“ oder „Verhaltensweise die im Gegensatz zu den allgemein anerkannten moralischen und sozialen Werte, die zur Zeit der Rechtsprechung gelten“[5] unterstellt werden.
Das „Cour de Cassation“ bestätigte die Entscheidung in der zweiten Instanz, dass die Prozessbeteiligten daran erinnert hatte, dass Ehebruch 40 Jahre zuvor entkriminalisiert worden war. Bedeutet dies, dass – wie der Richter glaubt – Ehebruch sozial akzeptabel und nicht mehr ein Verstoß gegen die Moralsei?
Am 17. Januar 2016, veröffentlichte Le Monde einen Artikel zu diesem Thema, mit dem Titel „Nach dem französischen Hahn, der französische Hahnrei“ („Après le coq français, le cocu français“). Der Artikel basierte auf mehrere Erhebungen, einschließlich einer von der IFOP durchgeführte, die schätzen, dass 55% der französischen Männer und 32 % der französischen Frauen bereits untreu gewesen sind. Es erinnert auch daran, dass „wir das Land sind, in dem Untreue eine breitere Akzeptanz genießt als sonst in der Welt „; es ist moralisch akzeptabel für 53% der französischen Bevölkerung[6]. Der Richter irrte mit Sicherheit nicht, in seiner Beurteilung der moralischen Werte des Augenblicks.
[1] Cass. 1ere ch. civ., 14-29549, 17 déc. 2015
[2] « toute allégation ou imputation d’un fait qui porte atteinte à l’honneur ou à la considération de la personne ou du corps auquel le fait est imputé est une diffamation. »
[3] « Toute personne a droit au respect de sa vie privée et familiale, de son domicile et de sa correspondance. »
[4] Cass. 1ere ch. civ., 14-29549, 17 déc. 2015
[5] ibid.
[6] http://www.pewresearch.org/fact-tank/2014/01/14/french-more-accepting-of-infidelity-than-people-in-other-countries/
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